Branntkalkeinsatz in der Karpfenteichwirtschaft

Projektlaufzeit 03/2012 - 12/2013

Projektziele:

In Feldexperimenten sollten die Auswirkungen der in der Teichwirtschaft üblichen Branntkalkgaben auf die Entwicklung von naturschutzbedeutsamen Lebensräumen, Tier- und Pflanzenarten, sowie auf die Produktionsergebnisse von Karpfenteichen untersucht werden. In vitro-Experimente zur Überlebensfähigkeit wirbelloser Wasserorganismen und von Amphibienlaich sollten die Untersuchungen ergänzen. Ziel des Projekts war die Erarbeitung von Leitlinien zum Einsatz von Branntkalk sowohl im Rahmen der guten fachlichen Praxis als auch bei der naturschutzgerechten Bewirtschaftung von Karpfenteichen, die bei positiven Effekten für die Unternehmen der Karpfenteichwirtschaft gleichzeitig eine Schädigung naturschutzbedeutsamer Lebensräume sowie Tier- und Pflanzenartenausschließen bzw. so weit als möglich minimieren.

Projektergebnisse:

  • Bei der Anwendung von < 500 kg/ha von kohlensaurem Kalk (Kalkmergel) oder adäquaten Mengen von Branntkalk zur Wasserkonditionierung und Mineralisierung des Teichbodens zur Frühjahrskalkung konnte bei nährstoffreichen Teichen kein Effekt auf die untersuchte Flora und Fauna festgestellt werden.
  • Bei den in der Praxis durchgeführten Untersuchungen zur Branntkalkapplikation zur Wasserkonditionierung oder Desinfektion konnten keine nachteiligen Beeinträchtigungen der untersuchten Wirbellosen (Mollusken, Libellenlarven, Schwimmkäfer, Teichbodentiere und des Zooplanktons) festgestellt werden. Allerdings traten in allen Teichen pH-Werte > 11 nur punktuell und kurzzeitig auf. Voruntersuchungen konnten teilweise nicht durchgeführt werden.
  • Desinfektionskalkungen mit Branntkalk >1000 kg/ha sollten möglichst früh, direkt nach Eisaufbruch, oder bereits im Herbst unmittelbar nach der Abfischung erfolgen. Somit kann für die meisten Amphibienarten verhindert werden, dass die Kalkung in den Bereich der Laichzeit und Larvenentwicklung fällt, wo die größten Schäden zu erwarten sind. Ein positiver Effekt der zeitigen Branntkalkapplikation ist auch für Wirbellose und die Vegetation anzunehmen, sofern sie als unempfindlichere Ei/Samen überwintern.
  • In den untersuchten Praxisteichen wurden bei Applikation von max. 1000 kg/ha Branntkalk pH-Wert über 12 nicht erreicht. Die erreichten pH-Werte überstiegen pH-Wert 11 nur punktuell und kurzzeitig. Die Mehrheit der Gewässermakrophyten des LRT 3150 tolerieren höhere pH-Werte (7,5 - 9,5). Es wird eine Begleitung der Branntkalkapplikation bei LRT 3150 sowie bei Vorkommen von Rote Liste Arten empfohlen.
  • In der Literatur beschriebene Abhängigkeiten von stenöken Pflanzenarten und -gesellschaften der Strandlinggesellschaften (Littorelletea) von pH-Wert und Kohlendioxid-Karbonat-System des Gewässers lassen bei diesen eine abträgliche Wirkung des Einsatzes von Branntkalk als sehr wahrscheinlich annehmen. Diese besiedeln mesotroph-schwach eutrophe Fischteiche, die zudem den Lebensraumtyp 3130 Oligo- bis mesotrophe stehende Gewässer mit Vegetation der Littorelletea uniflorae und/oder Isoeto-Nanojunceta verkörpern. Es handelt sich auch in Sachsen bzw. der Oberlausitz um äußerst seltene Lebensraumtypen, da die meisten Teiche mit ihren teils deutlich höheren Trophiegrad eher eutrophe, teils sogar bereits polytrophe Gewässer darstellen. Jeder Einsatz von Branntkalk ist in diesen Teichen zu unterlassen, da Änderungen des Artenspektrums wahrscheinlich sind.
  • Es konnte kein Zusammenhang zwischen der Kalkmenge und der Ausbildung einer Blaualgenblüte bzw. der Dominanz bestimmter Algengruppen festgestellt werden.
  • Für die Minimierung eventuell denkbarer negativer Auswirkungen der Branntkalkapplikation, kann ein gut ausgeprägter Röhrichtgürtel eine wichtige Rolle spielen. Dieser stellt für viele Organismen ein wichtiges Refugium für die Überdauerung kritischer Umweltbedingungen dar. Außerdem ist er ein wichtiges Strukturelement der Teiche, dessen Vorhandensein die Artendiversität im Gewässer entscheidend mit beeinflussen kann. zumal Lebewesen in eutrophen Stillgewässern offenbar gut an die auch natürlicherweise auftretenden hohen pH-Werte angepasst sind und in Karpfenteichen für bewegliche Organismen stets Rückzugsräume in pH-ärmere Zonen bzw. Bereiche zur Verfügung stehen.
  • Erstmalig wurden LC10 und LC 50-Werte für Larven und Eier von Grasfrosch, Erdkröte und Bergmolch bei hohen Wasser-pH-Werten in Laboruntersuchungen ermittelt. Bis zu einem pH Wert > 10,5 (LC10)sind keine toxischen Wirkungen auf Amphibienlaich und -larven zu erwarten, ab pH 10,9 (LC50) kann, von einer Schädigung ausgegangen werden. Bei allen untersuchten Arten ist Laich im Vergleich zu den Larven unempfindlicher gegenüber hohen pH-Werten.
  • Bei zwingender Notwendigkeit einer Desinfektionskalkung extensiv bewirtschafteter oder nicht bewirtschafteter Teiche, die Refugien anspruchsvoller Arten darstellen, wird eine naturschutzfachliche Begleitung empfohlen.
  • Kommen in einem Teichgebiet extensiv oder sogar nicht bewirtschaftete Gewässer vor, die räumlich und vom Wasserlauf von den KHV befallenen Teichen getrennt sind, ist zu empfehlen, diese von der Desinfektionskalkung auszunehmen, da sie wichtige Refugien für eine Wiederbesiedlung darstellen können.

Ansprechpartner

Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie

Referat 76: Fischerei

Dr. Vincent Lugert

Telefon: 035931 296-10

Telefax: 035931 296-11

E-Mail: poststelle.lfulg@smekul.sachsen.de

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